Bevor es zu spät ist

Ein Abteilungsleiter fragte mich vor einiger Zeit, ob er seine MitarbeiterInnen „zwingen“ könne, an einer Teamentwicklungsmaßnahme teilzunehmen. Aus meiner Sicht ist „zwingen“ in dem Kontext das falsche Wort, aber erwarten kann er es schon. In seinem Team gab es einige Mitarbeiter, die mit der Situation nicht ganz glücklich waren

Ein Abteilungsleiter fragte mich vor einiger Zeit, ob er seine MitarbeiterInnen „zwingen“ könne, an einer Teamentwicklungsmaßnahme teilzunehmen.

Aus meiner Sicht ist „zwingen“ in dem Kontext das falsche Wort, aber erwarten kann er es schon. In seinem Team gab es einige Mitarbeiter, die mit der Situation nicht ganz glücklich waren, einige fanden alles in Ordnung und dann gab es noch einen guten Teil der KollegInnen, die sehr unzufrieden waren.

Der Abteilungsleiter hat das Team dann zu einem eintägigen Workshop eingeladen und deutlich gemacht, dass er von allen Mitarbeitern erwartet, dass sie teilnehmen. Das ist für mich als Beraterin eine sehr bekannte Situation. Selten wollen alle Teammitglieder in gleichem Maße sich mit der Situation beschäftigen. Vor allem weil es allerlei Vorbehalte gibt:

- Das macht mit diesen Kollegen eh keinen Sinn

- Wir haben doch schon alles versucht

- Mich interessiert das alles schon lange nicht mehr

- Einer muss immer weinen

Wir haben also angefangen. Wie zu erwarten war, haben natürlich zuerst die Kollegen gesprochen, die an die Möglichkeit einer Verbesserung glauben. Und wie so oft in solchen Prozessen zeigte sich auch der Wunsch, den doch jeder Mensch hat, in einer freundlichen und friedlichen Atmosphäre zu arbeiten, sehr deutlich. Im Laufe des Tages haben sich mehr und mehr Kollegen beteiligt.

Es wurden an diesem Tag keine Vereinbarungen getroffen – das war eigentlich der Wunsch des Abteilungsleiters – doch haben sich alle (bis auf einen Kollegen) gesagt, sie hätten viel früher einen Teamtag machen sollen.

Das ist eine wichtige Erkenntnis. Oft werden wir – Berater, Mediatoren, Supervisoren – erst gerufen, wenn Menschen schon sehr fest auf ihren Positionen verharren und die Feindbilder deutlich verankert sind.

Wie viel einfacher wäre meine Arbeit und wie viel weniger Reibungsverluste würde es geben, wenn solche Prozesse schon früher einsetzen würden. Das Sprechen darüber, wie wir miteinander arbeiten wollen, was darf so bleiben, wie es ist, welche Abläufe sollten sich verändern, und sind die Rollen und Aufgaben im Team gut verteilt, das trägt viel zu einem guten Arbeitsklima und damit zu sicheren Ergebnissen bei.

Das sollte ein Prozess sein, dieser sollte in regelmäßigen Abständen stattfinden und nicht nur, wenn die Unzufriedenheit schon so groß ist.

Das Ergebnis ist dann oft auch die Erinnerung daran, was gut läuft. Ich habe es noch nie erlebt, dass auf die Frage nach „Was darf denn so bleiben, wie es ist“ keinerlei Antwort gefunden wurde.